«Blaue Objekte» erzählen Geschichte der jugendlichen Überlebenden des KZ Buchenwald auf der Barmelweid
Nach der Befreiung von ungefähr 1'000 überlebenden jüdischen Jugendlichen aus dem Konzentrationslager Buchenwald am 11. April 1945 nahm die Schweiz vorübergehend 374 von ihnen auf. An Lungenerkrankungen leidende Jungen kamen zum Teil auf die Barmelweid. Zehn von ihnen konnten in intensiven Recherchen aufgespürt werden. Sie sind die Hauptpersonen im Projekt «Jugendliche aus Buchenwald», das durch blau eingefärbte Alltagsgegenstände an verschiedenen Orten auf der Barmelweid sichtbar wird.

11. April 1945: In den frühen Morgenstunden erreichten US-Panzerdivisionen der alliierten Truppen die Region um das KZ Buchenwald und befreiten noch am selben Tag die im Konzentrationslager inhaftierten Jüdinnen und Juden – zuvor waren dort ungefähr 56’000 Menschen ermordet worden. Unter den noch lebenden 21'000 Inhaftierten befanden sich knapp 1'000 Jugendliche. 374 von ihnen wurden vorübergehend von der Schweiz aufgenommen. An Lungenerkrankungen leidende Jungen – meist litten sie an Tuberkulose – kamen zum Teil auf die Barmelweid, bevor die Schweiz diese Unterstützung nach nur wenigen Monaten wieder einstellte.
Zehn Jungen – Abraham Gross, Moses Kravec, Simon Rozensztain, Aron Schlomowitz, Laib oder Leib Geminder, Chaim Goldab, Max Zilberman, Benjamin Nugelblat, Leib Wieza und Charlie Spicer – konnten in aufwändigen Recherchen identifiziert werden. Sie sind die Hauptpersonen im Projekt «Jugendliche aus Buchenwald», das über blau eingefärbte Alltagsgegenstände an verschiedenen Stellen auf der Barmelweid sichtbar wird. «Wer mehr zu den Geschichten der Jugendlichen erfahren will, scannt die bei den Objekten angebrachten QR-Codes und erhält so mehr Informationen», erklärt PD Dr. med. Joram Ronel, der das Projekt 2022 ins Rollen gebracht hat.
Zufall führt zum Projektstart
Dass die Barmelweid jüdische Jugendliche aus dem KZ Buchenwald aufgenommen hat, kam 2022 zufällig ans Licht: Joram Ronel, Chefarzt und Leiter Departement Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Klinik Barmelweid, war zufällig auf einen Archiveintrag im Internet gestossen mit einer Dokumentation von überlebenden Jugendlichen, die nach ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald im Jahr 1945 auf der Barmelweid zur Tuberkulosebehandlung untergebracht wurden.
Zusammen mit Psychologin Fanny Rosenthal wandte sich Joram Ronel daraufhin an das Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich. Die beiden fragten nach weiteren Informationen und Vermittlungsmöglichkeiten. «Das Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich führte daraufhin Quellenrecherchen durch und fand zehn Jugendliche, die damals zur Behandlung auf die Barmelweid kamen», berichtet Rosenthal.
Archiv für Zeitgeschichte der ETHZ und Pädagogische Hochschule Luzern als sensible und unterstützende Projekt-Partner
Für die Umsetzung des Projekts «Jugendliche aus Buchenwald» fand die Barmelweid im Archiv der Zeitgeschichte der ETH Zürich und in der Pädagogischen Hochschule Luzern zwei engagierte Partner: Geschichtsvermittler Nick Zenzünen der PH Luzern nahm sich den Archivunterlagen an und suchte nach Möglichkeiten, das Thema den Besuchenden der Barmelweid gemeinsam mit dem Szenografen Thomas Küng anschaulich zu vermitteln. Die Wahl fiel auf Alltagsgegenstände, die als blau eingefärbte Objekte die Themen vor Ort erfahrbar machen. Zusätzlich zu den Objekten hat Zenzünen drei Lebensgeschichten genauer porträtiert: Diejenigen von Abraham Gross, Moses Kravec und Max Zilberman.
Mehr Informationen
An neun verschiedenen Orten in der Klinik Barmelweid finden Besuchende die blauen Alltagsgegenstände aus der Zeit der Behandlung 1945. Bei jedem der symbolischen Objekte gib es eine Kurzinformation sowie einen QR-Code, der abgescannt werden kann, um mehr Informationen zum jeweiligen Thema zu erhalten. Alle Informationen können auch online abgerufen werden: www.barmelweid.ch/buchenwald
Ein spezieller Dank geht an Dr. Gregor Spuhler und Dr. Sabina Bossert vom Archiv für Zeitgeschichte der ETH, an Nick Zenzünen und Prof. Dr. Peter Gautschi von der Pädagogischen Hochschule Luzern, an Szenograf Thomas Küng sowie an Martha Brem, Fanny Rosenthal und Joram Ronel von der Klinik Barmelweid, die alle eine zentrale Rolle in der Umsetzung des Projekts gespielt haben.
Bildlegende 1:
Manchmal war es auf der Barmelweid ganz schön langweilig für die Jungen, dann half spielen.
Bildlegende 2:
Die Jugendlichen blieben nur eine kurze Zeit auf der Barmelweid, danach teilten sich ihre Wege – hinaus in die ganze Welt.
Bildlegende 3
Im Winter war es sehr kalt auf der Barmelweid, da war gutes Schuhwerk Gold wert.
Bildlegende 4:
Zum ersten Mal seit langem erhielten die Jungen genug und ausgewogenes Essen.